ZUERST KAPLAN IN ST. BARBARA damals noch Niederlahnstein. Pfarrer Schwarz, die" Naas" hat mir keine Schwierigkeiten gemacht. Er war froh, dass was geschah. Dafür gab es aus Oberlahnstein starken Gegenwind: "Diese linken Kapläne" tönte Dekan Hergenhahn von der Kanzel. Auch soll der Dekan die Gleichung "Linz + Link = Links" erfunden haben. Helmut Link war damals Kaplan in St. Martin. Die Gleichung hat mir ja gefallen. In den Ohren der frommen CDU-Christen klang das aber nicht gut. Da war es eine Diffamierung. Dann wurde es mir doch zuviel. Ich fuhr zum Generalvikar Höhle in Limburg und beschwerte mich. "Da müssen Sie ein bißchen Verständnis haben, Herr Kaplan, diese alten Kerle können nicht mehr so leicht umdenken." Generalvikar Höhle war genauso alt! "Ich werde den mal anrufen." - Danach lief alles gut. Später konnte ich sogar als Dekanantsjugendpfarrer Jugendgottesdienste in der Apsis von St. Martin halten. Aber, was wäre denn passiert, wenn ich alles hingenommen hätte? - So hatte ich freie Bahn auf die Bedürfnisse der Jugendlichen und den Neuerungen des II. Vatikanischen Konzils einzugehen. Und der alte Hergenhahn wird das schon verkraftet haben.
Das mußt du verstehen, wir waren schon im Studium durch das II. Vatikanische Konzil wachgeworden. Diese verstaubte Kirche mit ihrer formatierten lateinischen Messe, schwer verständlichen Riten (ich habe sie beherrscht) und verschraubten Papst-Enzykliken. Nur die fortschrittlichsten Pfarrer hatten darauf gehofft - wie mein ehemaliger Chef in Braunfels, Pfarrer Lücker z. B. - und die hatten auch im sozialen Bereich schon etwas auf die Beine gestellt. Andere waren weitgehend in ihrer historischen Position als Pfarrherren präsent...z.B. ohne den Pfarrer von St. Martin in Oberlahnstein konnte keine Lehrerstelle im alten Gymnasium besetzt werden. Da bin ich dann in Blue-Jeans und ohne Schlips eingebrochen.
Damit ich es nicht vergesse, diese Truppe in Limburg, die
Bistumsleitung war damals ganz große Klasse. Die meisten waren in der Nazizeit Pfarrer in Frankfurt gewesen und mussten dort hart taktieren - immer die Gestapo im Hintergrund und in der Kirche! Das
führte zu einer ganz offenen, liberalen Geisteshaltung nach dem Krieg: Bischof Wilhelm, Generalvikar Höhle, Personaldezenent Karell, Finanzdezernent Seidenather (früher Jugendpfarrer),
Diözesanjugendpfarrer Adlhoch..., mit denen konnte man reden.
In Niederlahnstein, wie in den meisten Rheingemeinden, führte die Feuerwehr die MARTINSZÜGE durch. Und die waren GEWALTIG - und sind es wahrscheinlich heute noch. Ich hatte den Eindruck, die ganze Stadt war auf den Beinen. Das Martinsfeuer war an der Lahnmündung. Als Kaplan durfte ich die Rede am Martinsfeuer halten. Anschließend ging es mit der Feuerwehr in eine Kneipe zum Dippidoz-Essen. Der Dippidoz, ein dicker Kartoffelpuffer aus dem Bräter, lag dann schwer im Magen und mußte mit viel Schnaps begossen werden. Ich weiß noch, dass ich den Heimweg zum Pfarrhaus neben St. Barbara kaum geschafft habe. Es war ziemlich aussichtslos, in dem Getümmel des Martinsfeuers an der Lahnmündung etwas Schönes zu sagen. Später haben wir in einer Jugendgruppe pfiffige Sprüche gedichtet und am Feuer vorgetragen. Da hörten die Kinder und Jugendlichen schon eher zu.
Damals hat sich schon angekündigt, dass Jugendarbeit in der Schule beginnt. Für die Vorbereitung der neu organisierten Schulgottesdienste mußte ich in den Religionsunterricht gehen, um mit den Lehrern und Schülern die Gottesdienste vorzubereiten.
Das wirkte sich auf die Jugendarbeit ausserhalb der Schule aus. Ministranten- und Kindergruppen profitierten davon. Und - wie das Beispiel oben zeigt, auf die Verbindung zu den Lehrern.
Die Jugendarbeit habe ich mit dieser auf dem Werbezettel beschriebenen Kombination von Jugendmesse und Themenabend begonnen. An den Ablauf kann ich mich nicht erinnern.